Art. 21 Grundgesetz bestimmt: „Die Parteien wirken bei der politischen Willens-bildung des Volkes mit.[..]“ Einem Parteivorsitzenden, der innerhalb und außerhalb des Gemeinderats engagiert in diesem Sinne arbeitet, daraus einen Strick zu drehen, ihm die Fähigkeit zur Ausübung des Amtes eines Bürgermeisterstellvertreters abzusprechen, ihn gewissermaßen unter Generalverdacht zu stellen, ist abenteuerlich. Noch unverständlicher ist die Tatsache, dass die „Vierte Gewalt“ diesen Umstand nicht aufgreift, sondern eher noch Öl ins Feuer gießt mit Formulierungen wie „es ist vor allem jenen Gemeinderäten zu verdanken, die die Kröte (!) schluckten, um den Eklat zu vermeiden“ oder „Die [Akzeptanz] muss er [Gürakar] sich in den nächsten fünf Jahren erarbeiten. Dann mag auch der Makel der sechs Gegenstimmen verschwinden“.
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Nimmt man das Gesagte wirklich ernst, dürfte natürlich auch kein Bürgermeister oder Bürgermeisterstellvertreter in einer Partei sein und diese z. B. im Kreis- oder Landtag vertreten. Zugespitzt dürfte die Bundeskanzlerin nicht Parteivorsitzende sein, ihr Vize Frank-Walter Steinmeier müsste sich politisch kastrieren lassen.
Machen wir uns nichts vor, es war vor allem ein Teil der Christdemokraten, der schon am Wahlabend gegen Hidir Gürakar intrigierte. Er ist einer der ganz Großen in der Nachkriegsgeschichte der Bad Säckinger SPD. Er war es, der vor Ort zusammen mit seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern endgültig die Sozialdemokraten aus einer Minderheitenposition in Augenhöhe zur CDU führte. So betrug z. B. bei den Bundestagswahlen 1998 und 2002 der Unterschied bei den Zweitstimmen gerade noch 12 (!) Stimmen. Bei den Erststimmen lag jeweils die SPD-Bewerberin vorne, was bedeutet, das Direktmandat wäre an die SPD gegangen, wäre Bad Säckingen ausschlaggebend gewesen. Bei der diesjährigen Kommunalwahl verloren durch das Erstarken der SPD und den damit verbundenen Verlust von Überhangmandaten die CDU zwei Sitze und die Freien Wähler einen. Da schafft man sich natürlich keine Freunde. Pathologisch gesehen scheint das Verhalten bestimmter Gruppierungen eher Ausdruck einer narzisstischen Kränkung zu sein.
Wäre er nur eine politisch schwache Figur, hätte man den Kollegen “türkischer Herkunft“ sicherlich mit herablassendem Wohlwollen Bürgermeisterstellvertreter werden lassen, schon um nicht „am Ende als ausländerfeindlich [zu) gelten. So aber ist er ein Mensch, der eine große Ausstrahlung besitzt. Er schafft es regelmäßig, die SPD vor Ort für die Arbeit zu motivieren. Neujahrsempfang, ein jährlich stattfindendes Straßenfest, Informationsveranstaltungen mit illustren Gästen und intensive Arbeit in den Wahlkämpfen lassen die Mitbewerber häufig alt aussehen. Seine Gremienerfahrung in Landes- und Kreisvorstand befähigen ihn, jederzeit auch eine Gemeinderatssitzung aus dem Stand zu leiten. In seinem Beruf als selbständiger Sozialberater kann er auf Menschen zugehen und weiß mit ihnen umzugehen. Er hat einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, was sich auch in seinem Wahlergebnisse niederschlägt. Unter 104 Bewerberinnen und Bewerbern für einen Sitze im Gemeinderat gehört er mit seinen 2375 Stimmen zu den 10 % (9.Platz) mit der höchsten Stimmenzahl. Für die Wahl der Bürgermeisterstellvertreter bedeutet diese Stimmen: Nur 200 weniger als Alfons Döbele (2579) aber 672 Stimmen mehr als Wolfgang Lücker (1703).
Wer redet da noch von mangelnder Akzeptanz?
Manuel Knapp, Juso-Kreisvorsitzender Waldshut, Student der Geschichts- und Wirtschaftswissenschaften, Uni Basel.