"Als Zeichen des großen politischen Wandels..." so beginnt der Abschnitt des Gemeinderatsprotokolls der Stadt Säckingen im März 1933. Was unmittelbar folgte war der Beschluss die Volksschule, den Scheffelpark (hier steht heute das Scheffel-Gymnasium) und die Untere Flüh umzubenennen. Initiatoren der Umbenennung waren die Nationalsozialisten.
Standpunkte
Diese öffentlichen Plätze wurden den "großen Führern der nationalen Einheit" zu Ehren umbenannt. Seit dem März '33 trugen also die Volksschule, der Park und die Strasse den Namen von Hindenburg, Hitler und Strasser. Ihreszeichen Reichsmarschall und Reichstagspräsident, Diktator und Gauleiter von Baden. Nach dem Krieg, von den Alliierten angeordnet, beseitigte man die offensichtlichsten Anbiederungen an den NS-Staat. Jedoch blieb Hindenburg für viele Generationen der Namenspatron ihrer Grundschulzeit.
Wie sehr sich das Bild Hindenburgs gewandelt hat mag zum einen am Vergessen liegen. Kaum einer der heute noch unter uns weilt, kann sich persönlich an die Zeit erinnern, als Paul von Hindenburg Giftgas an der Ostfront einsetzte, oder Hitler zum Reichskanzler ernannte.
Dieser Umstand mag offenkundig dazu geführt haben, dass man den Namen Hindenburg mehr aus Gewohnheit, anstatt aus Vernunft hinnahm.
Doch bei genauerer Betrachtung und der Lektüre der qualitativ sehr hochwertigen Biographie "Hindenburg - Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler" von Prof. Wolfram Pyta, drängt sich immer mehr der Irrsinn dieses Namens für unsere Schule auf. Dient der alte Reichsmarschall wirklich als Vorbild für die Kinder dieser Stadt, wenn Hindenburg an seine Eltern schreibt: "So freue ich mich doch über diese bunte belebte Zukunft, für einen Soldaten ist ja der Krieg der Normalzustand und außerdem stehe ich in Gottes Hand. Falle ich, so ist es der ehrenvolle und schönste Tod, eine Verwundung muß ja auch nur zum Besten dienen, und kehre ich unverletzt zurück, um so schöner" (Pyta, S.15). Diese Aussagen sind ein Zeugnis einer von Standedünkel dominierten Welt, in der Demokratie allenfalls im verhassten Frankreich buchstabiert werden konnte.
Ich mache es kurz. Die Neuausrichtung der Hindenburgschule unter der Leitung des Rektors, Schulleitung und den Lehrkräften ist mehr als zu begrüssen. Der Wunsch von Herrn Willmann, kein Politikum aus dieser Namensänderung zu machen verstehe ich voll und ganz. Im Vordergrund steht die pädagogische Ausrichtung der Grundschule. Doch im Sinne einer freiheitlich-demokratisch orientierten Gesellschaft sollten wir uns gemeinsam unserer Geschichte bewusst sein und einen passenderen Patronen für kommende Generationen finden. Als ein Zeichen für einen bewussten Umgang mit unserer Geschichte.
Manuel Knapp, 1. Vorsitzender SPD Bad Säckingen
Links zu diesem Thema:
Bericht der Badischen Zeitung
Das erwähnte Buch von Wolfram Pyta